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29.10.2017



Polarität (15.02. - 17.03.17)


17.03.17  Polarität (5): „Alles im Kosmos läuft zyklisch ab.“

 

Genauer:  »Alles im Kosmos läuft zyklisch, rhythmisch ab und untersteht dem Gesetz der Balance und Ausgewogenheit.«

Diese Aussage entstammt wieder der Tabula smaragdina, wir können sie als Untergesetz von (4) deuten. Dazu muss man sich klarmachen, dass ein Gleichgewicht zweierlei bedeuten kann:

 

a) Mitte: Hier sind Yin und Yang gleichzeitig in gleichem Ausmaß (etwa 50:50) verwirklicht, sie bilden eine - goldene - Mitte.

 

b) Zyklus: Hier vollzieht sich nacheinander ein Ausgleich von Yin und Yang. Sie wechseln sich in ihrer (Vor-)Herrschaft ab, mal ist Yin oben, mal Yang, ein pulsierender Rhythmus.


Das zyklische, dynamische Modell der Gegensatz-Harmonisierung ist verbreiteter, wir finden es nicht nur in der Smaragdtafel, sondern auch im Taoismus. Dabei wird die Auffassung vertreten, dass die Pole sich jeweils bis zum Extrem steigern, bis es - am Wendepunkt - zur Umkehrentwicklung kommt. Diese Dynamik symbolisiert auch das bekannte Symbol Tai Gi.

Man bezieht sich mit dem Zyklusmodell auf natürliche Rhythmen wie Sommer - Winter, Tag - Nacht, Flut - Ebbe, Wachsein - Schlafen, Einatmen - Ausatmen und viele andere mehr. Aber das sind eben gar keine strengen Gegensätze: So können wir etwa die »Polarität« Sommer - Winter auflösen in Frühjahr - Sommer - Herbst - Winter.


Außerdem entspricht nicht allen Gegensätzen ein zyklischer, periodischer Ausgleich. Das Ideal des androgynen Menschen besagt ja nicht, dass der abwechselnd »yinig« und »yangig« ist, zart und hart, emotional und rational, sondern er soll beides zugleich - harmonisch ausgewogen - verwirklichen (wenn auch mal die Yin- oder Yang-Seite im Vordergrund stehen kann).

Aber wie wir schon gesehen haben: Die These, dass Gegensätze sich immer ausgleichen, gilt einfach nicht generell, weder für einen zyklischen Ausgleich noch für die Bildung einer Mitte.

 

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09.03.17  Polarität (4): „Alles im Kosmos besitzt ein Gleichgewicht der Gegensätze.“

 

Genauer:  »Alles im Kosmos besitzt seinem Wesen nach ein Gleichgewicht der Gegensätze«

Dieses Gesetz besagt z. B.: Jedem Menschen, Mann oder Frau, ist eine Gleichverteilung von Yin und Yang angemessen. Man spricht auch von Androgynie, wonach jemand gleichviel weibliche und männliche Energie besitzt, also etwa 50:50.


Zwar kann man leicht aufzeigen, dass die meisten Menschen sich nicht gemäß dieser Yin-Yang-Harmonie verhalten (sondern zu stark im Yang oder im Yin leben), aber das Gesetz impliziert strenggenommen auch nur, das entspräche der wahren Natur und Bestimmung des Menschen - seinem Wesen - von dem er jedoch häufig abweiche.


Obwohl obiges Gesetz in der Esoterik immer wieder als grundlegend genannt wird, werden auch andere, ihm widersprechende Behauptungen aufgestellt (wobei man oft wohl den Widerspruch gar nicht klar erkennt).
So wird behauptet, dass Dinge oder Wesen nur durch einen Pol vollständig bestimmt sind, etwa die Frau allein durch das »weibliche« Prinzip Yin. Oder dass es zumindest unterschiedliche Verteilungen gibt: Für die Frau soll z. B. ein Yin-Yang-Verhältnis von 70:30 Harmonie bedeuten, für den Mann umgekehrt von 30:70.

 

Gegen all diese Modelle kann man einwenden, dass vielleicht jeder Mensch eine ihm individuell entsprechende Yin-Yang-Mischung hat oder sich in unterschiedlichen Mischungen verwirklichen kann.


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27.02.17  Polarität (3): „Zwischen den Polen herrscht ein Kraftfluss, der ein Neues entstehen lässt.“

 

Genauer:  »Zwischen den Polen herrscht ein Kraftfluss, der ein Neues, ein Drittes entstehen lässt


Dieses Gesetz stammt wieder aus der (Auslegung der) Smaragdtafel. Leuenberger veranschaulicht es mit folgendem Beispiel: Durch die Gegensatzverbindung von Mann und Frau, durch den sexuellen Kraftfluss
zwischen ihnen, entsteht als Drittes: ein Kind.

Aber dieses »Gesetz« gilt keineswegs uneingeschränkt, zunächst müssen wir hier zwei Arten von Polarität unterscheiden:

 

1. zwischen Eigenschaften wie z. B. schwer und leicht.

Solche Eigenschaften bilden nur unterschiedliche Ausprägungen auf einer Begriffsdimension - im Beispiel der Dimension Gewicht. Zwischen Gegensätzen wie schwer - leicht, groß - klein, warm - kalt fließt keine Kraft, und sie lassen sich auch nicht konkret miteinander verbinden (zwar kann zwischen einem schweren und einem leichten Körper ein Energiefluss bestehen, aber das hat nichts mit dem begrifflichen Gegensatz zwischen den Eigenschaften schwer und leicht zu tun).

 

2. zwischen »Dingen« wie z. B. Mann und Frau.

Zwischen diesen kann eine Energie fließen, und sie können auch real bzw. räumlich eine Verbindung eingehen, wie das gerade die Alchemie beschäftigt hat. Dabei gibt es jedoch nicht nur die Möglichkeit, dass ein Neues, Drittes entsteht, sondern es sind auch andere Ergebnisse denkbar:

1 + 1 --> 0 Gemeint ist, dass sich zwei Gegensätze aufheben, sich quasi wie bei einer »Verpuffung« gegenseitig auslöschen, so dass nur Leere (0) bleibt.

 

1 + 1 --> 1 Hier bilden zwei gegensätzliche Dinge eine neue Einheit (1), wobei sie selbst untergehen; ähnlich wie sich chemisch zwei Stoffe zu einem neuen »vereinigen« können, in dem sie selbst nicht mehr nachweisbar sind.

1 + 1 --> 2 Hier verbinden sich zwei polare Dinge zu einer Ganzheit, aber einer Zweiheit (2), nicht zu einer Einheit. Beispielsweise bilden ein Mann und eine Frau ein Paar, existieren aber auch weiterhin als Individuen.

 

1 + 1 --> 3 Dies ist also der Fall aus der Smaragdtafel: Zwei Pole verbinden sich, bleiben selbst erhalten und erzeugen ein Drittes. Man kann diese Dreiheit (3) als eine Dreieinheit auffassen, z. B.: Mann + Frau --> Mann + Frau + Kind = Familie. Die dreieinige Familie geht dann als Ganzes neue Verbindungen ein usw.


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22.02.17  Polarität (2): „Hinter den Polen gibt es eine transpolare Einheit.“

 

Genauer»Hinter den Polen gibt es eine non-polare, prä-polare oder trans- polare Einheit.«


Dethlefsen und Dahlke schreiben: »Hinter der Polarität, die wir als Mensch vorfinden, steht Einheit, jenes alles umfassende Eine, in dem die Gegensätze noch ununterschieden ruhen.« Diese Einheit wird als das Göttliche aufgefasst.

Nicht alle Esoteriker glauben aber an eine solche Einheit,    sondern nur die Monisten, während die Dualisten eine fundamentale Zweiheit der Welt annehmen.

 

Die Einheit jenseits der Polarität kann man vermuten, vielleicht subjektiv erfahren, aber kaum je beweisen, im Grunde nicht einmal beschreiben. So ist es schon fragwürdig, wenn man sie wie Dethlefsen und Dahlke bestimmt als »in ewiger Ruhe«, »ohne Form und ohne Aktivität« oder – wie dies häufig geschieht - als (Ur-)Licht, denn das Licht ist in die Polarität einbezogen, gilt nämlich als Yang (manche Esoteriker unterscheiden allerdings zwischen normalem und transzendentem Licht).

 

Die überpolare Einheit, im Taoismus das Tao genannt, lässt sich letztlich überhaupt nicht bestimmen, vielleicht darf man noch nicht einmal das über es aussagen ... Am ehesten symbolisch darstellen lässt es sich durch einen leeren Kreis.


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15.02.17  Polarität (1): »Alles in der Welt ist polar.«


Polarität bedeutet, dass zwei Dinge, Eigenschaften oder Begriffe, sich einerseits ausschließen, andererseits aber er-gänzen, ein Ganzes bilden, also z. B. »warm« und »kalt«, die erst zusammen die »Temperatur« ausmachen. Insofern lässt sich Polarität von Dualismus unterscheiden, wo es zwar auch eine Zweiheit gibt, z. B. von Gott und Teufel, die aber nicht zusammen als Ganzheit verstanden werden.


Die Lehre von der Polarität ist einerseits Bestandteil alter esoterischer und spiritueller Richtungen, z. B. spielt sie in der berühmten Smaragdtafel des Hermes Trismegistos eine bedeutende Rolle. Vor allem die Polarität von Yin und Yang gehört bis heute zu den wichtigsten Themen der Esoterik.


Auf der anderen Seite ist Polarität aber durchaus auch ein Sujet der Wissenschaft, z. B. der Gegensatz von Teilchen und Welle in der Physik, der Gegensatz zwischen Geist und Körper in der Psychologie u.v.m.


Dabei wird die Polarität durch bestimmte Gesetze beschrieben. Ich möchte im Folgenden einige der wichtigsten Polaritätsgesetze vorstellen und näher untersuchen.


Als erstes Gesetz: "Alles in der Welt ist polar."

Das soll heißen, alles zeigt sich in zweifacher Form, mit positivem und negativem Pol, z. B.: hell - dunkel, groß - klein, warm - kalt; aber auch Geist - Materie, Seele - Körper, Natur - Technik und vieles mehr. Häufig wird von einem Hauptgegensatz ausgegangen, der allen anderen Gegensätzen zugrunde liegen soll, der Polarität zwischen einem weiblichen Prinzip und einem männlichen Prinzip. Vergleichbar spricht man von Bhakti - Jnana, Ida - Pingala, dionysisch - apollinisch und anderem, vor allem aber von Yin - Yang, was aus dem Taoismus stammt. Genauer werden diese Prinzipien etwa durch folgende Begriffe bestimmt bzw. verkörpert:

 

Allgemein:

- Yin: sanft, bindend, empfangend, passiv

- Yang: hart, trennend, befruchtend, aktiv

 

Konkret:

- Yin: Frau, Gefühl, Natur, Erde, Osten / Süden

- Yang: Mann, Verstand, Technik, Himmel, Westen / Norden


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