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01.12.15 Die Zufälligkeit unseres Lebens (5) – Zufall, Kausalität, Determination und Ziel Oft denken wir: Der Zufall ist das Unwahrscheinliche. Dass der – sonst immer pünktliche – Vater seinen Zug verpasste und somit seine zukünftige Frau kennen lernte, war unwahrscheinlich. Und wir sagen dafür auch zufällig. 30.11.15 Die Zufälligkeit unseres Lebens (4) – Jede Sekunde zählt Eine besondere Rolle bei der Unwahrscheinlichkeit spielt die Zeit. Angenommen der Vater von Stefanie, John, will aus der Wohnung gehen, sieht aber noch, dass das Fenster auf kipp steht. Er geht zum Fenster, schließt es und geht dann, 7 Sekunden später. Dadurch verpasst er – sonst sehr pünktlich – seine Bahn und dadurch lernt er Jenny, seine zukünftige Frau und Mutter von Stefanie kennen, die in der späteren Bahn sitzt. Solche Sekunden oder Sekundenbruchteile spielen auch eine Rolle bei tragischen Unfällen. Schon eine Sekunde früher oder später an einer Kreuzung, das entscheidet womöglich darüber, ob man mit einem anderen Auto zusammenstößt oder nicht, und kann so über das ganze Leben entscheiden, sogar über Leben oder Tod. Der Betroffene denkt dann oft zwanghaft: Hätte ich doch nicht noch den Autospiegel zurechtgerückt, ich wäre einige Sekunden früher losgefahren – und mein ganzes Leben wäre ein anderes! Diese - zufällige - Verursachung durch viele kleine Faktorens gilt für Ereignisse, die sehr unwahrscheinlich bzw. selten sind. Wenn jemand z. B. ganz regelmäßig jeden Morgen um 7 Uhr aufsteht, so ist es müßig, hier aufzulisten, welche Ereignisse, Handlungen oder Entscheidungen dazu geführt haben, dass er an einem bestimmten Tag um 7 Uhr aufsteht - er tut es eben (fast) immer. 29.11.15 Die Zufälligkeit unseres Lebens (3) – Empirische Wahrscheinlichkeit Bei der empirischen Wahrscheinlichkeit schreibt man nicht jedem Ereignis theoretisch eine Wahrscheinlichkeit von 1/2 zu, sondern man gibt an, wie oft in unserer Realität das Ereignis auftritt. Z. B. kann man hier unterscheiden: Wenn die späteren Eltern von Stefanie in entfernten Städten leben, ist die reale Wahrscheinlichkeit für ein Kennenlernen sehr gering, sicher unter 1%. Wenn die Eltern dagegen im gleichen Dorf wohnen, kann man annehmen, dass sie sich mit ca. 75% Wahrscheinlichkeit einmal kennen lernen. Das mit den 75% war eine Schätzung. Ein Problem ist, dass wir die empirische Wahrscheinlichkeit der meisten Ereignisse nicht genau kennen und sich die Wahrscheinlichkeit einer Kette von Ereignissen um so schwerer berechnen lässt; daher sind wir oft auf Schätzungen angewiesen. Nehmen wir z. B. 10 Ereignisse, jedes mit einer hohen Wahrscheinlichkeit von 0,75 bzw. 75%. Um deren Gesamtwahrscheinlichkeit zu berechnen, multiplizieren wir einfach 0,75 x 0,75 x 0,75 usw. Es zeigt sich dann, diese 10 Ereignisse haben zusammen nur noch eine Wahrscheinlichkeit von 5,63%, sind also höchst unwahrscheinlich. Das gilt auch für Ereignisse mit noch höheren Werten wie etwa 0,9: Rein mathematisch ist eine Kombination von hinreichend vielen Ereignissen immer unwahrscheinlich. Nur bei deterministischen Ereignissen, deren Wahrscheinlichkeit 1,0 bzw. 100% beträgt, bleibt die Wahrscheinlichkeit bei Kombinationen erhalten. Denn die Multiplikation von 1 mit 1, also 1 x 1 x 1 usw., ergibt immer wieder 1. Aber im Leben gelten überwiegend nur wahrscheinliche, statistische Gesetze, die also eine Wahrscheinlichkeit geringer als 1 besitzen. 28.11.15 Die Zufälligkeit unseres Lebens (2) – Theoretische Wahrscheinlichkeit Ein beliebiges Ereignis hat eine theoretische Wahrscheinlichkeit von 1/2 (oder 50%). Z. B. dass sich die Eltern von Stefanie kennen lernten, hat erst einmal eine Wahrscheinlichkeit von 1/2. Warum? Ein Ereignis kann stattfinden oder nicht stattfinden, es gibt also 2 Möglichkeiten. D. h. für unser Beispiel, wenn wir nur 10 Punkte herausgreifen: Die Eltern studierten in derselben Stadt, sie besuchten dieselbe Uni, sie lernten sich kennen, sie verliebten sich, sie wurden intim, sie hatten keine Verhütung praktiziert, die Mutter hatte ihre fruchtbaren Tage, der Vater war zeugungsfähig, es kam zu einer Befruchtung, die Chromosomen vereinigten sich so, dass Stefanie das Resultat war, dann ist Stefanie nur zu 0,1% wahrscheinlich. Also ist Stefanie sehr sehr unwahrscheinlich. 27.11.15 Die Zufälligkeit unseres Lebens (1) – Wie wahrscheinlich bin ich? Z. B. John, der (spätere) Vater von Stefanie: Betrachten wir einige - zufällige - Faktoren, die eine Rolle spielten, dass John seine spätere Frau Jenny kennen lernte. John hatte nach dem Abitur eigentlich vor, in München zu studieren. Eines Tages saß er zu Hause und sah ein Fußballspiel im Fernsehen. Das Telefon klingelte, erst wollte er nicht rangehen, aber schließlich raffte er sich doch auf. Er war sein Schulfreund Roger, von dem er länger nichts gehört hatte. Roger fragte, ob sie sich abends treffen würden. Sie verabredeten sich in einem Szenelokal, aber es war so voll, dass sie keinen Platz mehr fanden. So zogen sie weiter zu einer anderen Kneipe. Als Roger zum Rauchen nach draußen ging, hörte John dem Gespräch am Nebentisch zu. Dort saß ein Pärchen, das sich über Studienplätze unterhielt. Eine junge Frau sagte, sie habe erst in München studiert, aber die Überfüllung und Vermassung dort haben sie mehr und mehr abgeschreckt. Sie sei jetzt nach Münster gewechselt, das sei viel angenehmer, eine überschaubare Stadt, mehr studentisches Leben. John dachte in der nächsten Zeit darüber nach, und es leuchtete ihm immer mehr ein. So entschloss er sich schließlich, in Münster zu studieren. Und dort lernte er dann zwei Jahre später Jenny kennen. Hätte er wie erst geplant in München studiert, er hätte Jenny mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nie kennen gelernt. Und Stefanie wäre nie geboren worden. Wie viele Zufälle! Und doch ist dies nur ein kleiner Ausschnitt der Zufälle, die mitwirkten, dass Stefanie eines Tages das Licht der Welt erblickte. |
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